Später Winter – #24Autoren mit Farina de Waard

von | 06.12.2017 | 0 Kommentare

Als Sina erfährt, dass sie eine Magierin ist, braucht sie Zeit, um sich mit dieser bedeutsamen Aufgabe anzufreunden … und dabei hilft ihr dieser Wintermoment.

„Das Vermächtnis der Wölfe“ (Kapitel „Später Winter“)

Wind kam auf und trieb die Wolken von den Bergen in rasantem Tempo auf die Wälder zu. Als Sina und die anderen gerade aus dem Wald auf die große Lichtung traten, von der Elaya erzählt hatte, begann es sachte zu schneien. Tarek, Asyra und Jesco blickten fragend zu Elaya, traten weiter aus dem Wald und sahen sich erwartungsvoll auf der verschneiten Lichtung um. Doch keiner von ihnen – auch nicht Elaya, die lachend mit der Zunge Schneeflocken fing – bemerkte, wie Sina an den letzten Bäumen stehen geblieben war und schief lächelte.
„Und was sollen wir jetzt hier?“, fragten Asyra und Tarek wie aus einem Mund und mussten lachen. Als Antwort sauste ein Schneeball ganz knapp an Tareks Schulter vorbei und zerplatzte sprühend auf Asyras Rücken. Die beiden drehten sich überrascht um, Elaya und Jesco standen doch vor ihnen!
Hinter ihnen, an einen Baum gelehnt, stand die blasse Sina und starrte Asyra verunsichert an, die jetzt böse schaute. Sina verfluchte innerlich ihre schwachen Arme, sie hatte doch Tarek treffen wollen. Sie machte es nur noch schlimmer, indem sie jetzt Asyra getroffen hatte.
„Oh, du! Ich dachte schon, du taust nie auf!“, rief dann Elaya lachend und ließ sich auf die Knie sinken, um mit ihren behandschuhten Händen einen großen Schneeball zu formen.
„Wie soll ich denn bei diesen Temperaturen auftauen?“, meinte Sina zögerlich und zog zwei weitere Schneebälle hinter ihrem Rücken hervor. Einen behielt sie in der linken Hand, den anderen warf sie spielerisch drohend mit der rechten immer wieder hoch und fing ihn auf. Jetzt musste sie doch grinsen.
„Hoho, da bekomme ich ja richtig Angst!“, murmelte Asyra mit einem schnippischen Ton und wollte ebenfalls einen Ball formen. Doch sie hatte noch nicht einmal Zeit, in den Schnee zu greifen – da kamen bereits aus allen Richtungen Schneekugeln angeflogen, trafen sie auf dem Rücken und an den Schultern und hüllten sie in eine neblige Wolke aus Schnee. Während Asyra noch sprach, hatten die anderen keine Zeit verloren und bereits ihre eigenen Bälle geformt.
Jesco und Elaya taten sich zusammen, ihnen gegenüber waren Tarek und Asyra. Noch bevor Sina wusste, wohin sie jetzt sollte und bevor sie überhaupt ahnte, was sie mit diesem Schneeball ausgelöst hatte, begann der Kugelhagel.
Es wurde gelacht und geschrien, geworfen und auf jeder Seite allmählich ein kleiner Schutzwall gebaut. Sina wollte sich schon in die Schlacht stürzen, da überkam sie Schwindel. Einen Moment kreisten schwarze Punkte vor ihren Augen, Sorge keimte in ihr. Sie wollte nicht hier mitten im Wald vor Tareks Freunden einen Schwächeanfall erleiden, also zog sie sich zurück. Sie trat wieder in den Schutz der Bäume und beobachtete lächelnd, wie sich die beiden Fronten eine erbitterte Schlacht lieferten.
Doch ihr Lächeln erstarb, als sie bemerkte, dass Asyra und Tarek in einer kurzen Wurfpause miteinander redeten. Asyra schien irgendetwas zu sagen, was Tarek offensichtlich unangenehm war, denn er packte eine Handvoll Schnee, dann die lachende Asyra, nahm sie in den Schwitzkasten und seifte sie ein. Er wuschelte ihr mit dem Schnee durch ihre roten Locken, und bis sie sich endlich befreien konnte, waren ihr Haar und ihr Gesicht eiskalt und durchnässt.
„Du Spinner, was hab ich denn gesagt?!“, rief sie etwas beleidigt und schaufelte Schnee über den jetzt seinerseits lachenden Tarek.
Sina wandte den Blick von den beiden ab und richtete ihn auf Elaya und Jesco. Da ihnen offensichtlich keine Beachtung geschenkt wurde, überlegten sie und Elayas Gesichtszüge erhellten sich plötzlich.
Sie redete kurz auf Jesco ein und er nickte. Zu Sinas Überraschung zog Elaya zwei lederne Bänder aus einer Manteltasche, raffte ihre Röcke zusammen und band sie unter dem Mantel rechts und links hoch. Darunter trug sie eine Hose, ähnlich der, die Sina selbst anhatte. Also hatte er seine Freundinnen gemeint, als er davon gesprochen hatte, dass manche Frauen hier sehr wohl Hosen trugen … Wurde das von anderen Leuten nicht gerne gesehen? Und wieso hatte er gezögert, ihr davon zu erzählen?
Da musste sie schnauben. Wieso wohl? Weil er ihr nicht traute. Sie war eine Fremde und er wollte seine Freunde schützen, ganz besonders Asyra, wie es schien.
Dann lenkte Jesco sie ab, denn er ließ sich in die Hocke sinken und Elaya setzte sich auf seine Schultern.
Einen Moment verharrten sie so, während Jesco ihr Schneebälle aus ihrem Vorrat hochreichte und Elaya diese in ihren Armen häufte. Jesco richtete sich schwankend auf und hielt Elayas Beine fest, damit sie nicht fallen konnte. Ihr Mantel hing wallend hinter seinem Kopf und seinen Schultern und ließ die beiden noch viel gewaltiger wirken.
Tarek und Asyra bekamen von alledem nichts mit, bis Jesco plötzlich losstürmte und Elaya bewaffnet auf seinem Rücken rief: „Zum Angriff!“
Ohne zu zögern, ließ sich Tarek auf die Knie fallen, Asyra raffte ihre Röcke nur zusammen, sprang auf seinen Rücken und wurde nun ebenfalls mit Schneegeschossen ausgestattet.
Damit begann eine ganz andere Art von Kampf.
Tarek und Jesco liefen zielstrebig aufeinander zu und versuchten, nicht aus dem Gleichgewicht zu kommen, gleichzeitig warfen die beiden Frauen auf ihren Schultern sich gegenseitig ihre Munition um die Ohren. Kurz bevor sie unmittelbar zusammentrafen, gingen ihnen die Schneebälle aus und sie fochten mit bloßen Händen weiter.
Gerade als Elaya die Oberhand zu gewinnen schien, bemerkte sie Sina, die am Lichtungsrand an einem Baum lehnte und sie alle beobachtete. Elayas Ausdruck bekam etwas Nachdenkliches – und die kurze Ablenkung reichte Asyra, ihre Chance zu ergreifen.
Ein kurzer Schlag gegen die Schulter, und Elaya ruderte wild mit den Armen. Es gab ein Gewirr aus Stoff, als ihr Mantel nach vorne flog und Jesco die Sicht nahm. Er rief noch etwas Unverständliches unter dem Stoff hervor, aber Elayas Gewicht zog ihn bereits nach hinten. Jesco taumelte und die beiden landeten in einer Schneeverwehung vor einem umgestürzten Baumstamm.
Lachend und jubelnd sprang Asyra leichtfüßig von Tareks Schultern und schloss ihn in die Arme.
Beim Anblick der Jubelnden schluckte Sina und schämte sich zugleich ihrer Eifersucht.
Doch dann rappelte sich Jesco auf und zog die lachende Elaya auf die Beine. Sie klopften sich gegenseitig freundschaftlich auf die Schultern, bevor sie alle laut schnaufend und prustend zu Sina herüberkamen.
„Wieso hast du denn nicht mitgemacht? Wir hätten deine Hilfe brauchen können!“, meinte Elaya beinahe vorwurfsvoll und blieb grinsend vor ihr stehen.
„Es … es war keiner mehr da, mit dem ich hätte mitmachen können!“, erwiderte Sina ausweichend und warf Tarek einen unergründlichen Blick zu. „Ich fühle mich auch noch nicht so gesund“, murmelte sie leise.
„Trotzdem! Na ja … Blass bist du schon noch“, gestand Elaya.
„Außerdem war es äußerst witzig, bei diesem Spektakel zuzuschauen!“, sagte Sina mit einem halbherzigen Grinsen und die anderen gaben sich damit zufrieden.

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